Die Präsidenten der Landesarbeitsgerichte haben die Bemessung der Streitwerte neu und einheitlich geregelt, aus denen sich die Vergütung der Rechtsanwälte ergibt. In vielen Fällen erhalten Rechtsanwälte in Zukunft weniger Geld für ihre Arbeit. Das betrifft vor allem Arbeitnehmeranwälte, da Arbeitgeberanwälte ihre Vergütung in der Regel auf Honorarbasis regeln.
Sowohl die
Gebühren für Rechtsanwälte als auch die Gerichtsgebühren ermitteln sich bei Verfahren vor den Arbeitsgerichten nach der Höhe des Gegenstandswertes. Zum Gegenstandswert finden sich gesetzliche Bestimmungen im Gerichtskostengesetz (GKG) und im Gesetz über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte -
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Der Streitwert ist dabei nicht der Betrag, der von einer Partei zu zahlen ist. Vielmehr dient dieser Wert alleine als Berechnungsgrundlage für die Gebühren.
Die Bestimmung der Höhe des Streitwerts im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ist letztlich den Landesarbeitsgerichten zugewiesen. Das führt bislang dazu, dass je nach Zuständigkeit des Landesarbeitsgerichts unterschiedliche Regelungen gelten. Dieser Zustand soll nunmehr behoben werden.
Auf Initiative der Präsidentinnen und Präsidenten der Landesarbeitsgerichte wurde eine
Streitwertkommission gebildet, die einen Streitwertkatalog erarbeitet hat. Dieser Katalog soll Grundlage zur Vereinheitlichung der zumindest in Teilen sehr unterschiedlichen Rechtsprechung schaffen.
Danach gelten für die gängigen Streitgegenständen im Urteilsverfahren folgende Empfehlungen an die Beschwerdekammern der Landesarbeitsgerichte:
1. Eine
Abmahnung wird – unabhängig von der Anzahl und der Art der Vorwürfe
– mit 1 Monatsvergütung bewertet.
Mehrere Abmahnungen werden – unabhängig davon, ob sie in einem oder in unterschiedlichen Verfahren geltend gemacht werden – mit 1/3 einer Monatsvergütung für jede folgende Abmahnung bewertet. Jedoch findet eine Deckelung auf max. die Vergütung für ein Vierteljahr statt. Im Einzelfall kann auch, z.B. bei der völligen Gleichartigkeit der Abmahnungsvorwürfe, von der 1/3 – Monatsvergütung nach unten abgewichen werden.
2. Eine reine
Abrechnung, gegebenenfalls auch kumulativ mit einer Vergütungsklage: 5 % der Vergütung für den geltend gemachten Abrechnungszeitraum.
3. Eine
Änderungskündigung
- bei Annahme unter Vorbehalt: Mit Vergütungsänderung: 36-fache Monatsdifferenz, maximal die Vergütung für ein Vierteljahr und ohne Vergütungsänderung: In der Regel 1 Monatsvergütung. Bei besonders schwerwiegenden Belastungen für den Arbeitnehmer bis zu max. 2 Monatsvergütungen.
4. Bei
Annahmeverzug, sofern er mit einem Kündigungsschutzverfahren kumulativ - auch in getrennten Verfahren - Annahmeverzugsvergütung geltend gemacht wird, bei der die Vergütung ausschließlich vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aufgrund der streitgegenständlichen Kündigung abhängt, so besteht für die ersten 3 Monate nach dem Beendigungszeitpunkt eine wirtschaftliche Identität zwischen Kündigungsschutzverfahren und Annahmeverzug. Dieser Zeitraum wird nur einmal bewertet.
5.
Arbeitspapiere
Pro Arbeitspapier 10 % einer Monatsvergütung.
6. Ein
Auflösungsantrag ist beim Gebührenstreitwert nicht zu bewerten; dies gilt auch, wenn in einem solchen Fall eine Auflösung in einem Vergleich vereinbart wird.
7. Eine
Auskunft oder
Rechnungslegung für leistungsabhängige Vergütung z.B. Provision oder Bonus: Von 10 % bis 50 % der zu erwartenden Vergütung, je nach Bedeutung für den Arbeitnehmer im Einzelfall, orientiert am wirtschaftlichen Interesse zur Erlangung der begehrten Leistung.
8.
Zahlung
Volle eingeklagte Vergütung.
9. Eine
Befristung wird bewertet wie eine Kündigungsschutzklage. Gleiches gilt für einen Streit über einen sonstigen Beendigungstatbestand, z.B.
Anfechtung,
Eigenkündigung oder
Aufhebungsvertrag.
10.
(Weiter-) Beschäftigungsanspruch
1 Monatsvergütung.
11.
Direktionsrecht – Versetzung
In der Regel 1 Monatsvergütung; bei besonders schwerwiegenden Belastungen für den Arbeitnehmer bis zu maximal 2 Monatsvergütungen.
12.
Einstellungsanspruch/Wiedereinstellungsanspruch
Ohne vorausgegangene Kündigung, Befristung oder auflösende Bedingung die Vergütung für ein Vierteljahr.
13. Feststellungsantrag, allgemeiner (
Schleppnetzantrag):
Keine Bewertung, wenn kein konkreter Beendigungstatbestand im Raum steht. Wenn weitere konkrete Beendigungstatbestände im Raum stehen, erfolgt die Bewertung entsprechend mehrer Kündigungen.
14.
Eine Kündigung
Bei Bestand des Arbeitsverhältnisses unter 6 Monaten: 1 Monatsvergütung, es sei denn, es wird ein Sonderkündigungsschutz geltend gemacht oder es sind konkrete Tatsachen erkennbar, die den Regelwert nach oben verändern würden,oder es ist nur ein Fortbestand des Arbeitsverhältnisses von unter 1 Monat im Streit. Bei Bestand des Arbeitsverhältnisses über 6 Monaten: die Vergütung für ein Vierteljahr, es sei denn, es steht der Fortbestand unter 3 Monaten im Streit.
15.
Mehrere Kündigungen: Unabhängig davon, ob sie in einem oder in verschiedenen Verfahren angegriffen werden
Außerordentliche Kündigung, die hilfsweise als ordentliche erklärt wird: max. die Vergütung für ein Vierteljahr, unabhängig davon, ob sie in einem oder in mehreren Schreiben erklärt werden. Werden die Kündigungen in getrennten Verfahren angegriffen, erfolgt eine Quotelung der Vergütung für ein Vierteljahr auf die einzelnen Verfahren.
Folgekündigungen ohne Veränderung des Beendigungszeitpunktes: Keine Erhöhung; werden sie in getrennten Verfahren angegriffen, erfolgt eine Quotelung der Vergütung für ein Vierteljahr auf die einzelnen Verfahren.
Folgekündigungen mit Veränderung des Beendigungszeitpunktes: In der Regel (Ausnahme: z.B. Trotzkündigung/en) die Entgeltdifferenz zwischen den verschiedenen Beendigungszeitpunkten, maximal jedoch die Vergütung für ein Vierteljahr für jede Folgekündigung.
16.
Nachteilsausgleich (§ 113 BetrVG)
Es besteht keine wirtschaftliche Identität mit einem eventuellen weiteren Antrag. Der Zahlungsbetrag bzw. das wirtschaftliche Interesse im Fall einer Schätzung sind (zusätzlich) zu bewerten.
17.
Zeugnis
Erteilung oder Berichtigung eines
einfachen Zeugnisses: 10 % einer Monatsvergütung.
Erteilung oder Berichtigung eines
qualifizierten Zeugnisses:
1 Monatsvergütung, und zwar unabhängig von Art und Inhalt eines Berichtigungsverlangens, auch bei kurzem Arbeitsverhältnis.
Zwischenzeugnis: 1/2 Monatsvergütung; wird ein Zwischen – und ein Endzeugnis (kumulativ oder hilfsweise) im Verfahren verlangt: Insgesamt 1 Monatsvergütung.
18.
Vergleichsmehrwert
Im Hinblick auf ein
Titulierungsinteresse für im Wesentlichen unstreitige Ansprüche, die im Vergleich aufgenommen werden: 20 % des normalen Wertes des Anspruches; das gilt insbesondere auch für das unstreitig zu erteilende Zeugnis. Werden im Vergleich bei einem qualifizierten Zeugnis inhaltliche Festlegungen mitgeregelt, dann ist der Zeugnisanspruch mit 1 Monatsvergütung streitwerterhöhend.
Freistellung bis zum Beendigungszeitpunkt:
25 % der Vergütung für den Zeitraum, der zu einer tatsächlichen Freistellung durch den Vergleich führt, maximal jedoch 1 Monatsvergütung. Die Freistellung wird somit rein zukunftsbezogen ab dem Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses berechnet und nicht etwa rückwirkend für Zeiträume vor dem Vergleichsabschluss, selbst wenn der Arbeitnehmer (insbesondere wegen der Kündigung) bereits vor dem Vergleichsabschluss freigestellt
gewesen sein sollte.