Donnerstag, 11. Dezember 2014

Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis

Das Problem:
Bei der Personalauswahl wird in Deutschland immer noch sehr viel wert auf das vom Bewerber vorgelgete Arbeitszeugnis gelegt. Viele Arbeitgeber verwenden daher die Erteilung eines guten Arbeitszeugnisses als eine Art Faustpfand gegen den ausscheidenden Arbeitnehmer. Dem Arbeitnehmer wird von Arbeitgeberseite gedroht, dass ihm nur bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages oder widerspruchsloser Hinnahme einer arbeitgeberseitigen Kündigung ein gutes Zeugnis erteilt werden wird.

Die weitgehende Lösung dieses Problems 
hatte die Rechtssprechung einiger Landesarbeitsgerichte gebracht. Danach bestand eine für den Arbeitnehmer günstigere Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Falle der Erteilung eines nur mittelmäßigen Zeugnisses. Die Landesarbeitsgerichte argumentierten mit Studien, nach denen fast 90 % der Arbeitszeugnisse in Deutschland die Schlussnoten „gut“ oder „sehr gut“ aufweisen sollen. Dies sollte nach Auffassung der Landesarbeitsgerichte dazu führen, dass der Arbeitgeber die Tatsachen, die zu einem schlechteren als einem guten Arbeitszeugnis führen sollten, im Prozess um die Verbesserung des Zeugnisses vorzutragen und ggf. zu beweisen habe.

Der Fall:
Die Arbeitnehmerin war vom 01.07.2010 bis zum 30.06.2011 in der Zahnarztpraxis beschäftigt. Der Arbeitgeber erteilte ihr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Arbeitszeugnis, nach dem die Leistungen der Arbeitnehmerin mit „zur vollen Zufriedenheit“ bewertet worden war. Die Arbeitnehmerin war der Meinung, dass ihre Leistung richtigerweise mit „stets zur vollen Zufriedenheit“ zu bewerten war.

Die Vorinstanzen gaben der Arbeitnehmerin Recht und haben angenommen, dass der Arbeitgeber habe nicht dargelegt, dass die von der Arbeitnehmerin beanspruchte Beurteilung nicht zutreffend sei. Wegen der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts wendet sich der Arbeitgeber an das Bundesarbeitsgericht.

Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgerichts gab nunmehr dem Arbeitgeber Recht.

Das Bundesarbeitsgericht betonte in seiner nunmehr erschienen Pressemitteilung, dass nach seiner Rechtsprechung es für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten ankommt. Ansatzpunkt wäre vielmehr die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala. Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist.

Im Übrigen lassen sich nach Meiung des Bundesarbeitsgerichts aus den Studien Tatsachen, die den Schluss darauf zulassen, dass neun von zehn Arbeitnehmern gute oder sehr gute Leistungen erbringen, nicht entnehmen. Es könne nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass auch Gefälligkeitszeugnisse in die Untersuchungen eingegangen wären, die dem Wahrheitsgebot des Zeugnisrechts nicht entsprechen. Der Zeugnisanspruch nach § 109 Abs. 1 Satz 3 GewO richte sich auf ein inhaltlich „wahres“ Zeugnis. Das umfasse auch die Schlussnote. Ein Zeugnis müsse auch nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.

Das Bundesarbeitsgericht stellte fest:
Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies, so das Bundesarbeitsgericht, gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.

Fazit:
Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Erteilung eines wahren und wohlwollenden Arbeitszeugnisses. In der Regel werden sich aber nur einzelne beweisbare Tatsachen in ein Arbeitszeugnis hinein- bzw. einzelne beweisbar unwahre Tatsachen aus dem Arbeitszeungis herausklagen lassen.

Deshalb ist es wichtig, dass sich bereits bei den Verhandlungen zur Beendigung um den Inhalt eines später auszustellenden Arbeitszeugnisses gekümmert wird. Die Erfahrung zeigt, dass eine Einigung über den Text eines Arbeitszeugnisses bei Verhandlungen im Zusammenhang mit der Beeindigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig kein Problem bereitet. Ist der Arbeitnehmer aber erstmal ausgeschieden, wird bei der Erteliung des Arbeitszeugnisses von Arbeitgeberseite häufig nachgekartet.

Legt ein Arbeitnehmer Wert auf ein gutes Zeugnis, so sollte er dessen Inhalt vor Abschluss einer Vereinbarung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber verbindlich festgelegt haben. Erkennt der Arbeitnehmer, dass ihm die Erteilung eines zu schlechten Arbeitszeugnisses droht, so kann sich alleine aus diesem Grund die Einlegung einer Kündigungsschutzkalge empfehlen.


Vorinstanz: Urteil, Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 21.03.2013 - 18 Sa 2133/12 -

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