Samstag, 21. November 2009

BAG : BVG muss Verspätungen bei Busfahrern auf die Arbeitszeit anrechnen

Der Kläger ist seit 1989 bei der Beklagten als Busfahrer bei der BVG beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden tarifvertraglcihe Bestimungen Anwendung. Deshalb wurde für ihn bei der BVG ein Kurzzeitkonto, auf dem Abweichungen der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit von der dienstplanmäßigen Arbeitszeit saldiert werden, geführt. Jeder Busfahrer führt Meldeformulare mit sich, in denen ua. Verspätungen notiert werden. Der Kläger überschritt in der Zeit vom 21. Januar bis 19. April 2007 aufgrund von Verspätungen die in den jeweiligen Dienstschichten vorgesehene Arbeitszeit um 223 Minuten.Diese Zeiten wurden von der BVG nicht in das Kurzzeitkonto aufgenommen.

Der bei der BVG geltenden Tarifvertrag (TV-N Berlin) bestimmt, dass Lenkzeitunterbrechungen bis zur Dauer von 10 Minuten in die Arbeitszeit eingerechnet werden. Daraus schloss die BVG bislang, dass für die Anrechnung der Lenkzeit als Arbeitszeit von der geplanten Dienstschicht, nicht aber von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen wäre. Die Tarifbestimmung über die Anerkennung der ersten zehn Minuten war nach Aufassung der BVG als Pauschalierung für eventuelle Verspätungen bis zu zehn Minuten gedacht.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger nun eine Gutschrift der 223 Miuten auf das für ihn geführten Kurzzeitkonto. Das Bundesarbeitsgericht gab, wie zuvor bereits das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, dem Kläger Recht.

Das Bundesarbietsgericht führte aus, dass die Fahrtätigkeit während einer Verspätung gerade das Gegenteil einer Lenkzeitunterbrechung im arbeitsschutzrechtlichen Sinne ist. Nach den einschlägigen Arbeitsschutzregelungen ist unter einer Lenkzeitunterbrechung ein Zeitraum zu verstehen, in dem der Fahrzeugführer keine Fahrtätigkeit verrichtet und auch keine anderen Arbeiten auszuführen hat. Bei verkehrsbedingter verspäteter Ankunft eines Busses an der Haltestelle, an der die Lenkzeitunterbrechung eingeplant ist, verschiebt sich deshalb die in die Arbeitszeit ein-gerechnete Lenkzeitunterbrechung um die Dauer der Verspätung. Mit der Verwendung des feststehenden Begriffs der „Lenkzeitunterbrechung“ haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass sich die im Dienstplan vorgesehenen Lenkzeitunterbrechungen bei Verspätungen entsprechend verkürzen. Die Anrechnung der ersten 10 Minuten auf die Arbeitszeit kann erst mit Beendigung der tatsächlichen Lenktätigkeit beginnen. Dass mit der Regelung über die teilweise Anrechnung von Lenkzeitunterbrechungen auf die Arbeitszeit auch Verspätungen im Busbetrieb pauschalierend aufgefangen werden sollen, hat im TV-N Berlin keinen Niederschlag gefunden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2009 - 6 AZR 374/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.02.2008 - 24 Sa 2086/07 - 



Rechtsanwalt
und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Martin Bechert

Berlin

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