Donnerstag, 22. Oktober 2009

Arbeitsrecht: Hertha BSC und Trainer Lucien Favre

Derzeit scheint bei Hertha BSC die Hölle los zu sein. Nach der Entlassung von Trainer Lucien Favre und der Neuverpflichtung von Friedhelm Funkel will sich gleichwohl der sportliche Erfolg nicht einstellen. Dazu scheint es den Herthanern auch finanziell nicht gut zu gehen. Nachdem Lucien Favre am 06.10.2009 eine Pressekonferenz abgehalten hatte, wurde gegenüber dem bis dahin lediglich beurlaubten Trainer von Seiten Herthas am 20.10.2009 eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen. Diese außerordentliche Kündigung darf aus Sicht vom Arbeitsrecht aber wohl als rein taktisches Manöver im Abfindungspoker gewertet werden.

Hertha verweist zur Begründung der Kündigung auf den Inhalt der Pressekonferenz. Wir erinnern uns. "Man kann eine Mannschaft nicht mit den Ideen verschiedener Personen aufbauen", soll da Favre angemerkt und gemeint haben, dass bei Hertha BSC Uneinigkeit über die Transferpolitik geherrscht hätte. Außerdem hatte er seine Meinung geäußert, dass der Verein die Trennung von Dieter Hoeneß nicht verkraftet hätte und dies die Arbeit erschwert habe. Die schlechte finanzielle Situation des Fußballclubs kam in der Pressekonferenz dagegen wohl nur insoweit zur Sprache, als sich Favre eine weitere Verstärkung des Teams gewünscht hätte.

Noch am gleichen Tag der Pressekonferenz wies Hertha BSC die Favre-Kritik entschieden zurück. "Lucien Favre war in die komplette Saisonplanung eingebunden. Er kannte und kennt unsere finanziellen Möglichkeiten, an denen sich bis heute nichts grundlegend geändert hat. Personelle Entscheidung die Mannschaft betreffend sind immer mit seiner Zustimmung gefallen", ließ damals der Hertha-Präsident Werner Gegenbauer verbreiten.

Nach Informationen des Tagesspiegel vom 21.10.2009 sollen Lucien Favre bei Erfüllung des Vertrags bis Sommer 2011 gerüchteweise weitere 1,2, die Bildzeitung sprich sogar von1,4 Mio. EUR zustehen. Außerdem wurden im Arbeitsvertrag von Favre dem Vernehmen nach bereits Modalitäten einer vorzeitigen Trennung vereinbart. So soll auch der Rahmen für die Höhe der Abfindung bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt worden sein.

Die bislang öffentlich bekannt gewordenen Vorwürfe dürften zur Begründung einer außerordentlichen Kündigung kaum ausreichen. Soweit nunmehr das vereinsschädigende Verhalten des Trainers herausgestellt wird, so darf nicht vergessen werden, dass Hertha BSC zuvor seine Sicht der Dinge an die Öffentlichkeit gebracht hat. Favres Pressekonferenz kann also als Reaktion auf die Darstellung der Trennung durch die Herthaverantwortlichen gesehen werden. Außerdem hat der Verein selbst immer wieder vorher und auch danach eingeräumt, dass tatsächlich nur begrenzte finanzielle Mittel zur Verpflichtung neuer Spieler zur Verfügung stehen. Favre hat also nur das wiederholt, was auch von Seiten Herthas bereits vorher öffentlich bekannt gemacht worden war.

Zudem soll die Kündigung gegenüber Favre erst ausgesprochen worden sein, nachdem dieser ein Angebot zur Auflösung seines Arbeitsverhältnisses bei Zahlung einer Abfindung nach Information der Bildzeitung bei rund 1 Mio. EUR gelegen haben soll. Es fragt sich, welcher Verein eine Abfindung von 1 Mio. EUR anbietet, wenn er ernsthaft der Meinung ist, die Möglichkeit zu haben das Arbeitsverhältnis zu beenden, ohne auch nur einen Cent Abfindung zahlen zu müssen. Wohl kein einziger!

Insgesamt stellt es sich also so dar, dass die Verantwortlichen bei Hertha BSC mittels der Kündigung die Abfindung von Favre drücken wollen, zu deren Zahlung sich die Hertha dem Vernehmen nach im Arbeitsvertrag verpflichtet hatte. Favre wird sich bei einem gerichtlichen Vorgehen gegen die Kündigung beim Arbeitsgericht Berlin unter potentiellen neuen Arbeitgebern nicht unbedingt Freunde machen und am Ende wohl auf Geld verzichten, das ihm nach Vertrag allem Anschein nach zustünde.

Man könnte also meinen, dass Herthat BSC Gewinner dieses Manövers der Herthaverantwortlichen ist. Dem ist aber nicht so. Wer sich zukünftig mit der Hertha einlässt, wird gewarnt sein. Friedhelm Funkel dürfte dazu den Fall Favre aber erst gar nicht gebraucht haben. Er wird wissen, dass in der Bundesliga auch abseits des grünen Rasens nicht immer fair gespielt wird.

Berlin

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