Donnerstag, 19. Dezember 2013

Abgrenzung zwischen Arbeitsvertrag und Werkvertrag

Das Problem:
Der Arbeitnehmerbegriff hat für das Arbeitsrecht eine überragende Bedeutung. Schließlich geht es bei der Entscheidung, ob jemand Arbeitnehmer ist oder nicht in vielen Fällen um die Anwendbarkeit des Arbeitsrechts insgesamt auf das Vertragsverhältnis. Fehleinschätzung haben gravierende Folgen: So wird etwa die Vergütung eines vermeintlichen „freien Mitarbeiters“ rückwirkend der tariflichen oder branchenüblichen Vergütung angepasst. Sozialversicherungsrechtlich muss der Arbeitgeber damit rechnen den Gesamtsozialversicherungsbeitrag zum größten Teil zumindindest für vier Jahre vergangene Jahre alleine tragen zu müssen. Gegebenenfalls

 
macht sich der Arbeitgeber wegen der Nichtabführung der Sozialabgaben strafbar. Trotzdem gibt es keine gesetzliche Definition! Das macht die Sache schwierig. Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr einen Fall entschieden, bei dem es um die Abgreunzung von Arbeitsvertrag und Werkvertrag ging.

Der Fall:
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis oder ein Werkvertrag besteht. Der Arbeitnehmer/Werkunternehmer ist für den Arbeitgeber/Werkbesteller mit Unterbrechungen seit 2005 auf der Grundlage von zehn als Werkvertrag bezeichneten Verträgen tätig geworden. Im letzten Vertrag vom 23. 03.2009/01.04.2009 ist die


 „Vorarbeit für die Nachqualifizierung der Denkmalliste für die kreisfreie Stadt und den Landkreis Fürth sowie für den Landkreis Nürnberger Land“

vereinbart. Danach war Aufgabe des Werk, im Rahmen des Nachqualifizierungs- und Revisionsprojekts des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) Bodendenkmäler in einem EDV-gestützten System zu erfassen und nachzuqualifizieren. Abhängig vom Standort der Ortsakten konnte die Tätigkeit nur in den Dienststellen des BLfD erbracht werden. Einen Schlüssel zu diesen Dienststellen besaß der der Arbeitnehmer /Werkunternehmen nicht. Er hat regelmäßig von 07.30 Uhr bis 17.00 Uhr gearbeitet, über einen zur Verfügung gestellten PC-Arbeitsplatz mit persönlicher Benutzerkennung wurde ihm der Zugang zu den Eingabemasken ermöglicht. Der Termin zur Fertigstellung der vereinbarten Leistungen wurde anhand der Zahl der im Arbeitsgebiet bekannten archäologischen Fundstellen kalkuliert und auf den 30.11.2009 festgelegt. Dem Arbeitnehmer / Werkunternehmer war gestattet, die Vergütung in Höhe von 31.200 Euro incl. Mehrwertsteuer nach Abschluss der Bearbeitung bestimmter Gebiete in Einzelbeträgen von 5.200 Euro abzurechnen.

Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass zwischen den Parteien nach dem wahren Geschäftsinhalt ein Arbeitsverhältnis besteht.


Die Entscheidung:
Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht blieb ohne Erfolg. Bereits die Gestaltung des „Werkvertrags“ lässt erkennen, dass nicht die Herstellung einer Sache oder eines Erfolgs, sondern eine bestimmte Tätigkeit geschuldet wird. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kumulation und Verdichtung der Bindung des Arbeitnehmers sei in einer Gesamtschau als Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit zu werten, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Nach § 631 BGB wird der Unternehmer durch einen Werkvertrag zur Herstellung des versprochenen Werkes verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrags ist die Herstellung oder Veränderung einer Sache oder ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg. Gegenstand eines Dienstvertrags nach § 611 Abs. 1 BGB ist dagegen die Tätigkeit als solche. Bei einem Arbeitsverhältnis wird die vereinbarte Tätigkeit weisungsgebunden, dh. in persönlicher Abhängigkeit geleistet. Welches Rechtsverhältnis vorliegt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend. 

 
Das Fazit:

Bei der Abgrenzung sollte bereits im Vorfeld des Vertragsschlusses überlegt werden, ob sich der Werkbesteller nicht für die "ehrliche" Variante entscheidet und ein Arbeitsvertrag abschließt. Vermeindliche Kostenvorteile stehen einem erheblichen Kostenrisiko gegenüber. Werkunternehmern, die in Wahrheit Arbeitnehmer sind, kann - gerade wenn das Vertragsverhältnis von Seiten des angeblichen Werkbestellers beendet werden soll - nur die rechtliche Überprüfung des Vertragsverhältnisses angeraten werden.


Bundesarbeitsgericht, Urteil - 10 AZR 282/12 - vom 25.09.2013 
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil - 5 Sa 575/10 - vom 23.11.2011

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