Montag, 11. November 2013

Schadenersatz wegen Mobbing kann verwirkt sein

Das Problem:
Das Arbeitsrecht ist voll von kurzen Fristen. Die Geltungmachung der auf Mobbing beruhenden Sachdenersatzansprüche ist aber grundsätzlich bis zum Zeitpunkt der Verjährung - also drei Jahre ab der letzten Verletzungshandlung - möglich. Diese für das Arbeitsrecht ungewöhlich lange Zeit stößt auf Kritik.

Der Fall:
Der Arbeitnehmer erklärte vor Gericht, dass er durch die angewiesenen Tätigkeiten und die ungerechtfertigte Abmahnung und andere Maßnehmen des Arbeitgebers gemobbt wurde. Nach dem Vorbringen des Arbeitnehmers wurden die Verletzungshandlungen seitens des Arbeitgebers in den Jahren 2006 bis 2008 verübt. 

Der Arbeitnehmer hatte bereits mit Schreiben vom 09.03.2007 von seinem Arbeitgeber eine Abmahnung wegen des angeblich ungerechtfertigteten Mobbingvorwurfs erhalten. Das Arbeitsgericht sah die Abmahnung im daraufhin vom Arbeitnehmer eingeleiteten Verfahren  als gerechtfertigt an. Im Berufungsverfahren haben sich die Parteien darauf geeinigt, die Abmahnung als gegenstandslos anzusehen. 

Wohl auch vor dem Hintergrund der betrieblichen Spannungen erkrankte der Arbeitnehmer. Im Jahr 2007 war der Arbeitnehmer wegen eines chronischen Überlastungssyndroms und Depression für insgesamt 52 Tage in 3 Krankheitszeiträumen arbeitsunfähig krankgeschrieben. Im Jahr 2008 war der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krankgeschrieben an 216 Tagen, im Jahr 2009 bis August durchgehend. Dann kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis - wohl krankheitsbedingt (!) - , so dass es am 28.02.2010 endete. Am 28.12.2010 erhob der Arbeitnehmer Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe mangels vertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien keinen vertraglichen Schadensersatzanspruch, darüber hinaus stehe ihm auch kein deliktischer Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Gesundheit oder unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes zu.

Die Entscheidung:
Das Landesarbeitsgericht kam zur gleichen Entscheidung. Es stützte seine Entscheidung aber auf eine andere Begründung. Es ist der Meinung, dass auf Mobbing gestützte Schmerzensgeldansprüche vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist verwirken können. Für das Zeitmoment kommt es nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts entscheidend auf die letzte Mobbinghandlung an. Das entscheidende Argument sieht das Landesarbeitsgericht dabei im Schutz des ggf. mobbenden Arbeitgebers! Es ist der Auffassung, dass es, um eine effektive Rechtsverteidigung zu ermöglichen, regelmäßig dem Interesse des Anspruchsgegners diene, sich zeitnah gegen Mobbingvorwürfe zur Wehr setzen zu können.

Als Umstandsmoment ist nach Meinung des Landesarbeitsgerichts ausreichend, dass im vorliegenden Fall der Kläger bereits mit Schreiben vom 09.03.2007 von seinem Arbeitgeber eine Abmahnung wegen der angeblich ungerechtfertigten Mobbingvorwurfs erhalten hatte und das Arbeitsgericht im daraufhin vom Kläger eingeleiteten Verfahren die Abmahnung als gerechtfertigt ansah. Es hätten nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts zumindest ab diesem Zeitpunkt unmittelbar gegen den Arbeitgeber erhobene Ansprüche aufgrund der Mobbingvorwürfe zeitnah geklärt werden müssen. Auch das Zuwarten von fast 1 ½ Jahren nach Abschluss des Gerichtsverfahrens wegen der vom Kläger erhobenen Mobbingvorwürfe verstößt nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts gegen Treu und Glauben.


Das Fazit:
Mobbingfälle sind schwierige Fälle. Juristisch sowieso. Aber auch wegen der Rahmenbedingungen. Gesundheitlich angeschlage Arbeitnehmer - zumeist bereits seit längerer Zeit in psychotherapeutischer Behandlung - müssen, meist gegen den Rat der behandelnden Ärzte oder Therapeuten, über all das berichten, was zu ihrer Erkankung geführt hat. Das fällt den Betroffenen sehr schwer - unter Umständen ist es zeitweise auch einfach gar nicht möglich. Bis man als Arbeitnehmer den entsprechenden Sachverhalt unter diesen Voraussetzungen zusammengetragen hat, kann einige Zeit vergehen. Wenig hilfreich ist insoweit auch die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die einseitig alleine die Interessen des Arbeitgerbers zu berücksichtigen scheint. 

Arbeitnehmern kann vor diesem Hintergrund nur geraten werden: 

Bei Mobbing sofort zum Anwalt!

Urteil, Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 25.07.2013 - 5 Sa 525/11 - 
Voristanz: Urteil, Arbeitsgericht Nürnberg vom 20.07.2011- 7 Ca 8046/10

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