Montag, 2. Januar 2012

Meine Bilanz 2012 als Rechtsanwalt im Arbeitsrecht

War nich' eben noch 2010? 2011 ist an mir geradezu vorübergeschossen. Es gab viel tun.

Es ist ja gerade eine rege Debatte darüber ausgebrochen, warum die psychischen Erkrankungen in Deutschland so stark zunehmen; ob auch Arbeitsbedingungen dazu beitragen oder es nur Anstellerei der Arbeitnehmer oder schlicht eine Modeerscheinung wäre. Zu mir kommen immer mehr tatsächlich "kaputte" Menschen mit der Bitte um Hilfe. Die meisten davon berichten über Umstände, unter denen sie zu arbeiten haben, die jeden Menschen auf Dauer offensichtlich nur krank machen können. Leistungsdruck, fehlende Möglichkeit der Erholung, menschliche Kälte. Und alle Menschen berichten, dass sie niemals gedacht hätten, dass sie es einmal sein würden, die dem Druck nicht mehr Stand halten könnten. Vielmehr hätten sie früher gerade gedacht, dass Ihnen so etwas niemals passieren könnte. Dass es nur überempfindliche Menschen wären, denen so etwas passieren würde. Opfertypen. Die Einsicht, selbst ein Opfertyp zu sein - wie jeder andere Mensch auch - fällt schwer. Eine neue Qualität stelle ich auch fest bei der Heftigkeit, mit der Arbeitnehmer fertig gemacht werden ebenso wie bei der hierdurch ausgelösten emotionale Reaktion. In einer so aufgeheizten Atmosphäre war auch die rechtsanwaltliche Tätigkeit nicht immer einfach.

Ansonsten hatte ich in diesem Jahr ungewöhnlich vielen Auszubildenden zur Seite zu stehen. Von den fünf Auszubildenden, deren Ausbildungsverhältis von Seiten des Ausbilders beendet werden sollte, wurde (immerhin!) ein Ausbildungsverhältnis fortgesetzt. Vielfach ist es aber gelungen, das Ausbildungsverhältnis wenigstens fortzuführen, bis eine unmittelbare Anschlussausbildung gefunden war. In den restlichen vier Fällen wurde jeweils eine fristlose außerordentliche Kündigung "umgewandelt" durch eine einvernehmliche Aufhebung des Ausbildungsverhältnisses oder eine Eigenkündigung des Auszubildenden.

Außerdem wurden in zwei Fällen auch Arbeitsverhältnisse über die Befristung hinaus fortgesetzt. In zwei Fällen arbeiten die Mandanten wieder, obgleich zuvor arbeitgeberseitig fristlose Kündigungen der Arbeitsverhältnisse ausgesprochen waren. Daneben gab es in anderen Fällen sehr schöne Abfindungsvergleiche.

Ein weiterer Schwerpunkt lag bei der Arbeit mit Betriebsräten. Gemeinsam mit einem Betriebsrat zu arbeiten mache ich immer lieber. Alleine vier Betriebsänderungen in Form von Betriebs- oder Betriebsteilschließungen. Dazu viele neue Betriebsräte in der Betreuung. Das freut mich sehr.

Mit am meisten hat mich ein abgewiesener Antrag auf Erlass einer Einstweilige Verfügung in einer Eltenzeitgeschichte geärgert. Die Mandatin war nett, Arbeitgeber war gerade nicht nett und das Urteil ist grottenfalsch. Keine Berufungsmöglichkeit, weil sich die Sache vor dem Zeitpunkt, in dem die Einlegung der Berufung möglich gewesen wäre, schon durch Zeitablauf erledigt hatte.

Das waren meine spontanen Highlights, daneben gibt es noch tausend andere gute Dinge, wie etwa, dass ich seit 2011 bei drei verschiedenen Schulungsträgern Betriebsratsschulungen mache, aber ...

jetzt freu' ich mich auf 2012.

Rechtsanwalt Martin Bechert,  
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Berlin